In der reformierten Kirchgemeinde Wohlen findet das, auch von der Stiftung Gertrud Kurz mitfinanzierte, Theaterprojekt Youth Acts! statt. Während eines Jahres üben, sch- reiben und spielen Jugendliche aus fünf Län- dern unter der Regie von Lisa-Marie Fix ihr eigenes Theaterstück.
Text: Projektteam Maria Bongard, Lisa-Marie Fix und Laurence Gygi
Ein Theaterstück von und mit Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund. Ein Projekt, das von einer Fachfrau geleitet, von zahlreichen kompetenten und engagierten Frei- willigen (Bühnenbild, Kostüme, Ton und Licht) – allesamt mit und ohne Migrationshintergrund – umgesetzt wird und en miniature eine interkulturelle Gemeinschaft lebt, die auf die ganze Gemeinde Wohlen (Publikum!) ausstrahlen wird. Genau solch ein Theaterprojekt war und ist unser ambitioniertes Ziel.
Schnell sah sich dieses Projekt jedoch mit der Realität konfrontiert: Die Jugendlichen kamen und gingen wie- der, sie hatten noch andere Verpflichtungen; keine Kolleg*innen, die auch mitmachen wollten; der Kurs bot nicht, was sie sich bei der Anmeldung erhofft hatten. Aber Lisa-Marie Fix hielt aus und durch – und was nun als kleines, aber feines Theaterprojekt läuft, macht Freude und kommt dem ursprünglichen Anspruch doch sehr nahe. Von den sechs 10- bis 13-jährigen Mädchen aus Eritrea, Kosovo, Spanien, Syrien und der Schweiz sind drei mit ihren Eltern vor rund acht Jahren aus ihrer Heimat geflohen; zwei weitere sind in der Schweiz geboren, aber dennoch stark mit einem anderen Land, einer anderen Sprache und Kultur verbunden; und eine Teilnehmerin hat zwar den Schweizer Pass, aber in Madagaskar ihre ersten Lebensjahre verbracht.
Zu Beginn hatten die Mädchen eine klare, gemeinsame Vorstellung davon, was Theaterspielen bedeutet: eine Bühne, irgendein Drama und ein paar Bilder, wie sich eine «echte Schauspielerin» verhält. Sie alle mussten die Leere aushalten, dass es zunächst nichts davon gab: noch keine Bühne, noch kein Stück, noch keine Rollen – noch nicht einmal ein Thema! Aber all dies entstand über Wochen durch die vielen Übungen zur Wahrnehmung des Raumes, des Körpers, der Gefühle, der Erinnerungen sowie der Zusammenhänge derselben. Die Mädchen wuchsen zusammen und begannen zu notieren, skizzieren und verbalisieren, was ihnen in ihrem Leben wichtig ist und was sie in die Gruppe und zum Stück beitragen möchten. Sie fanden zusammen im Thema «Heimat – eine Reise nach Überall». Sie begannen zu verstehen, dass es für ein bühnenreifes Resultat neben dem Spass auch Arbeit und Durchhaltevermögen braucht. Was Lisa-Marie Fix wachsen und geschehen liess, führte – wenn man das Schauspielerische betrachtet – vom Klischee zum individuellen Ausdruck und – wenn man die persönliche Ebene anschaut – vom Vorurteil («ihr/wir in «Afrika», «ihr/wir Muslime») zur eigenständigen Ansicht und Selbstwirksamkeit. Wir glauben, das tut den Mädchen (täte uns allen!) gut, zu spüren und zu sagen, woher man kommt, was man schätzt und was nicht, und wohin man will und mit wem.
Wir freuen uns deshalb über das Theaterschaffen der Mädchen und auf die Aufführung im Frühling!